Wie du US-ETFs in Deutschland kaufen kannst – 3 Möglichkeiten

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Der Handel mit US-ETFs in der EU ist schwierig. Fast alle in den USA aufgelegten ETFs und ETNs sind für Privatanleger in Europa nicht (direkt) handelbar. Grund dafür ist – wie so oft – die EU mit ihrer überbordenden Regulierung. Im Namen des Verbraucherschutzes werden wir in unserer Handlungsfreiheit so stark eingeschränkt, dass es nur über Umwege möglich ist, diese US-Produkte zu handeln.

Beliebte Index-ETFs wie der SPY, QQQ oder IWM sowie Themen-ETFs bekannter Persönlichkeiten wie die ARK Innovation ETFs von Cathie Wood und auch Nischen-ETFs wie die von mir oft gehandelten Volatilitätsprodukte wie VXX, UVXY, SVXY und VIXM sind nicht direkt handelbar. Auch viele Weitere ETFs aus den USA sind für Kleinanleger im europäischen Wirtschaftsraum (EWR) nicht zum Handel verfügbar. Dies liegt an der PRIIP-Verordnung (EU Nr. 1286/2014). Der Kauf durch einen Privatanleger dieser und vergleichbarer Produkte wird seit Anfang 2018 blockiert.

Captrader, LYNX und Interactive Brokers (IBKR) zeigen dann neben diesen Produkten einen roten Kreis mit zwei weißen Buchstaben „NT“ an. Geht man mit der Maus über dieses Symbol lautet der Text: „This product is currently unavaiable to clients classified as retail clients. (…) There may be other products with similar economcis characteristiks that are available for you to trade„.

Für die meisten ETFs (SPY, IWM, QQQ) gibt es tatsächlich ähnliche Produkte. Für die Volatilitäts-ETFs wie den VXX, UVXY, SVXY, VIXM oder die ETFs von Kathie Wood gibt es jedoch keine praktikablen Alternativen, insbesondere aufgrund fehlender Liquidität in dem Produkt bzw. den Optionen. Im Falle des VIXM gibt es, meines Wissens nach, gar kein Alternativprodukt.

Es gibt vier Möglichkeiten die PRIIP-Verordnung zu umgehen:

  1. CFDs
  2. Optionen
  3. Deklassifizierung als Privatanleger
  4. Auswandern

Warum US-ETFs in Deutschland nicht handelbar sind

Verordnung über Basisinformationsblätter für verpackte Anlageprodukte für Kleinanleger und Versicherungsanlageprodukte schimpft sich der Regulationsauswüchs der EU. Er verpflichtet u.a. ETF- und ETN-Herausgeber sogenannte KIIDs (Key Investors Information Documents) für private Kleinanleger anzubieten.

Stellt der Produkthersteller diese Informationen über Risken, Kosten usw. nicht zur Verfügung ist das Produkt nicht zum Handel freigegeben. Ich kenne keinen Anbieter, der diese Anforderung erfüllt. Ihnen ist vermutlich der Aufwand für den relativ kleinen europäischen Markt zu hoch. Deshalb sind alle US-Produkte ohne KIID (ab 2022 KID, „Key Information Document“)in der EWR nicht handelbar.

Zunächst könnte man daran denken diese Produkte an den US-Börsen zu kaufen und somit die Regulierung der EU zu umgehen. Der grundsätzlich gute Gedanken funktioniert jedoch nicht.

Die Verordnung verpflichtet die in der EU zugelassene Brokern diese Produkte für Privatanleger unter keinen Umständen kaufbar zu machen. Den privaten Endkunden soll einzig die Möglichkeit bleiben bereits bestehende Positionen zu schließen. Genau diesen Umstand kann man sich zu Nutze machen, dazu später mehr (Optionen).

3 Möglichkeiten US-ETFs in Deutschland zu kaufen

1. CFDs nutzen um US-ETFs in Deutschland zu handeln

CFDs sind die einfachste Möglichkeit, US-ETFs in Deutschland zu kaufen. In der Regel sind die Spreads mit denen in den USA identisch oder weichen nur geringfügig davon ab. Der Handel mit US-ETFs über CFDs sollte jedoch nur von Anlegern genutzt werden, die nicht beabsichtigen, diese Produkte über einen längeren Zeitraum zu halten. CFDs eignen sich nicht für langfristig orientierte Buy-and-Hold-Anleger, sondern eher für den aktiven Handel über einen Zeitraum von wenigen Monaten bis maximal einigen Jahren.

Die meisten Broker bieten CFDs zumindest für die gängigen Index-ETFs und einige Volatilitäts-ETNs an. Sie handeln also nicht das US-Produkt selbst, sondern gehen – vereinfacht ausgedrückt – mit Ihrem Broker eine Wette auf die Entwicklung des US-Produkts ein. Dabei fallen jedoch Kontraktzinsen an. Diese Kontraktzinsen werden in der Regel täglich für alle bei Börsenschluss offenen Long-CFD-Positionen berechnet. Nicht selten liegen diese Zinsen bei über 2% pro Jahr.

Um diese Variante umzusetzen, müssen Sie nur in Ihrer Handelsplattform nachschauen, ob Ihr Broker CFDs auf das gewünschte US-Produkt anbietet. Dazu geben Sie den Namen des Produktes in die Suchleiste ein und wählen aus den angebotenen Möglichkeiten (Aktien, Optionen, CFDs) CFDs aus. Nun können Sie eine beliebige Anzahl von CFDs kaufen oder verkaufen.

Dabei sind Sie auf die Auswahl der ETFs und ETNs beschränkt, für die Ihr Broker CFDs anbietet.

Darüber hinaus erwerben sie durch den Abschluss eines („Contract for Difference“) Vertrages eine Forderung gegen den Broker. Geht der Broker in Konkurs, kann diese Forderung ganz oder teilweise ausfallen. Anders als beim direkten Kauf eines ETFs haben sie keinen Anspruch gegen ein vom Gesellschaftsvermögen getrenntes Vermögen (sog. Sondervermögen), sondern gegen den Broker selbst. Daher besteht beim Handel mit CFDs ein Kontrahentenrisiko. CFDs sollten daher nur bei etablierten bzw. solventen Brokern gehandelt werden.

Wichtig zu wissen ist, dass sich das Kontrahentenrisiko zusätzlich auf die Gegenpartei des CFDs (in der Regel der Broker) bezieht und nicht nur auf den Emittenten des ETNs (im Falle des VXX ist dies Barclays), wie es beim direkten Handel des ETNs der Fall wäre.

Faktisch tragen Sie beim CFD auf einen ETN nicht nur das Ausfallrisiko Ihres Brokers, sondern zusätzlich auch das Ausfallrisiko des Anbieters des Basiswertes.

CFDs sind eine, wenn auch nicht meine bevorzugte Möglichkeit, der EU-Verordnung zu entgehen. Insbesondere für längere Haltedauern sollten CFDs aufgrund der Kontraktzinsen und der rechtlichen Aspekte nicht genutzt werden.

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Vorteile:

– direkte Nachbildung des ETFs und ETNs

– leicht umsetzbar

Nachteile:

– eingeschränkte Auswahl an ETNs und ETFs (je nach Broker)

– höhere laufende Kosten

– Halten eines Derivates sollte möglichst nicht zu lang sein(„Contract for Difference“)

– CFD spezifische Risiken (insbesondere das Kontrahentenrisiko)

2. Nutzen von Optionen um US-ETFs in Deutschland zu kaufen

Mit Hilfe von Optionen ist es möglich die PRIIP-Verordnung zu umgehen. Diese Möglichkeit ist zwar nicht so einfach zugänglich wie CFDs ist aber meiner Meinung nach die überlegende. Hierbei machen wir uns zu Nutze, dass zwar der direkte Kauf der US-Produkte durch die EU-Verordnung unterbunden wird aber weder der Handel von Optionen noch das Schließen von bereits bestehenden Long-Positionen verhindert wird.

a) Kauf von US-ETFs über Optionen

Zum einen können Sie eine Option auf das Underlying kaufen, welches Sie im Depot haben möchten. Diese Option müssen Sie dann nur noch ausführen. Problematisch ist bei dieser Vorgehensweise, dass Sie immer einen Aufpreis aufgrund des äußeren Wertes einer Option zahlen.

Des Weitern bezieht sich eine Aktien/ETF/ETN-Call-Option immer auf 100 Stück. Sie müssen also, wenn Sie nicht ein Vielfaches von 100 des Underlyings im Depot haben möchten, Stücke verkaufen.

Erstes Beispiel:

Sie wollen 350 VXX-Kontrakte long sein.

Sie kaufen zunächst 4-mal eine Call-Option auf den VXX. Dann müssen Sie diese Optionen ausüben und anschließend 50, der nun eingebuchten VXX-Kontrakte, wieder verkaufen.

Es ist nicht möglich eine Shortposition aufzubauen, welche kein genaues Vielfaches von 100 ist. Dies folgt aus der Unmöglichkeit das Wertpapier kaufen bzw. leerverkaufen zu können. Sie können alternativ die gewünschte Anzahl an CFDs kaufen.

Zweites Beispiel:

Sie wollen 350 VXX-Kontrakte short sein.

a) Nun müssen Sie sich entscheiden, ob sie 300 oder 400 Kontrakte shorten möchten.

b) Oder Sie kaufen 4-mal eine Put-Option auf den VXX und üben diese aus. Danach kaufen Sie 50 CFDs auf den VXX. Sie sind dann 400 VXX-Konktrakte short und 50 VXX-CFD-Konktrakte long, welches in der Summe eine netto Shortposition von 350 VXX-Konkrakten gibt.

Es handelt sich hierbei um zwei unterschiedliche Positionen, welche erst in der Zusammenlese die gewünschte Positionierung ergeben. Ihr Broker sieht ggf. zwei unterschiedliche Positionen, welches Auswirkungen z.B. auf ihre Margin haben könnte. Dieses Problem besteht bei der Variante a) nicht.

Vorteil:

– tatsächliches Halten des gewünschten Wertpapiers

Nachteile:

– höhere Kosten (äußerer Wert der Option + höhere Transaktionskosten)

– Schwierigkeiten beim Leerverkauf (exakte Positionsgröße)

– höherer zeitlicher Aufwand

b) Nachbildung einer Position in US-ETFs mit Hilfe von Optionen

Neben der Möglichkeit die Optionen auszuüben besteht die Möglichkeit eine Position im Underlying mit Hilfe von Optionen nachzubilden. Dabei halten Sie die Optionen und üben sie nicht aus. Zu der Nachbildung einer Position mit Hilfe von Optionen habe ich, aufgrund der erhöhten Komplexität, insbesondere dem benötigten Optionswissen, einen eigenen Artikel verfasst.

Vorteil:

– leicht umsetzbar

– limitiertes Risiko

Nachteile:

– Halten von Derivaten

– Abhängigkeit von optionspreisbildenden Variablen (Zeit, Volatilität, Zinsen)

-Voraussetzung ist tiefes Optionswissen

3. Deklassifizierung als Privatanleger um US-ETFs in Deutschland zu handeln

Auch dieses Problem lässt sich mit Geld lösen. Die PRIIP-Verordnung zielt auf private Kleinanleger ab. Es besteht also die Möglichkeit entweder nicht als „privat“ bzw. nicht als „klein“ klassifiziert zu werden.

Sie müssen entweder über ein Firmenkonto handeln oder Sie müssen den Status des „retail client“ (Privatkunden) aufgeben und sich i.d.R. als „elective professional client“ (selbst gewählter professioneller Kunde) klassifizieren lassen.

Dazu müssen mindestens zwei der folgenden drei Kriterien erfüllt sein:

– Portfoliowert (inkl. Bargeld) ist größer als 500.000€

– Sie haben im Finanzsektor gearbeitet und dort entsprechendes Wissen erworben

– Sie haben in den letzten vier Quartalen min. 10 Transaktionen pro Quartal im Gegenwert von min. 50.000€ getätigt

Spätestens bei der Voraussetzung der Transaktionen von beachtlicher Größe pro Quartal (dritte Voraussetzung) sollte auch dem Privatanleger, der nur Buy-and-Hold betreibt, mit einem „kleinen“ Anlagevermögen von über 500.000€ bis 2.500.000€ klar werden, dass dieser Weg wohl zur Zeit nicht umsetzbar ist.

Die Gründung einer GmbH zum Zweck des Haltens von US-ETFs ist mit weitergehenden Überlegungen verbunden. Eine Gesellschaft zu gründen nur um US-ETFs auch in Deutschland zu handeln macht für die wenigsten Anleger Sinn.

4. Auswandern als Ausweg?

Die PRIIP-Verordnung entfalltet ihre Wirkung nur im EWR (alle EU-Staaten + Island, Liechtenstein und Norwegen). Eine theoretische Möglichkeit ist daher auszuwandern. Die Schweiz ist, obwohl sie Mitglied der EFTA ist kein Mitglied der EWR und daher, ein idealer Kandidat zum auswandern. Des Weiteren kann man auf der Flucht vor dem Regulierungswahn nach Gibraltar, die Isle of Man oder die Kanalinseln ziehen, welche ebenfalls nicht Mitglieder der EWR sind.

Für die meisten von uns kommt auswandern so oder so nicht in Betracht. Um die EU-Verordnung umgehen zu können ist dies zum Glück auch nicht notwendig, da es zwei deutlich praktikablere Alternativen gibt.

Vorteil:

– tatsächliches Halten des gewünschten Wertpapiers

Nachteile:

– für die meisten Anleger nicht umsetzbar

– der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen

Fazit

Es gibt viele Möglichkeiten, das faktische Handelsverbot für US-ETFs in Deutschland zu umgehen. Alle sind mit höheren Kosten verbunden. Ich persönlich setze in meinem Privatdepot je nach Situation sowohl CFDs als auch Optionen ein. Von EWR-zugelassenen Produkten lasse ich die Finger, zumindest bei Volatilitätsprodukten, wegen zu geringer Liquidität im Produkt selbst und bei Optionen, zumal Optionen und CFDs so gut funktionieren.

Festzuhalten ist, dass es nicht die einzig richtige Methode gibt. Je nach persönlichen Fähigkeiten im Optionsbereich als auch je nach Marktsituation sind mal Optionen und mal CFDs besser geeignet, um die eigene Handelsidee umzusetzen. Für den, der sich mit Optionen gut auskennt, sind sie oft die bessere Wahl. Jedoch gibt es für den langfristig orientieren Buy-and-Hold Anleger keine andere Möglichkeit als ETFs aus Nordamerika über Optionen zu kaufen, sofern es überhaupt Optionen auf die gewünschten ETFs gibt.

Meinung zur EU-Verordnung (EU Nr. 1286/2014)

Die EU-Verordnung legt uns privaten Anlegern Steine in den Weg. Jedoch ist es möglich diese zu umgehen. Die Möglichkeiten dazu bieten unterschiedliche Vor- und Nachteile sind aber allesamt mit erhöhten Kosten verbunden.

Letztlich muss man sich angesichts der relativ simplen Möglichkeiten die EU-Regulierung zumindest faktisch zu umgehen fragen, ob alternative Vorkehrungen des Verbraucherschutz nicht zielführender gewesen wären. Zumal die Privatanleger erst durch die Verordnung dazu gezwungen werden Derivate einzusetzen und sich damit zusätzlicher derivatespezifischer Risiken auszusetzen.

Die EU-Verordnung verschiebt das Risiko. Der uninformierte Privatanleger darf das Risiko der US-Produkte nicht tragen, wodurch sein Risiko tatsächlich gemindert wird. Der kundige Privatanleger hingegen, der die Instrumente des Finanzmarktes einzusetzen weiß, wird gezwungen sich einem höheren Risiko auszusetzen und zusätzliche Kosten zu tragen.

Fraglich ist daher, ob die EU-Regulierung ihren Zweck des besseren Verbraucherschutzes erfüllt. Für mich steht fest, dass wir Privatanleger durch die EU-Verordnung höhere Kosten tragen müssen und obendrein dabei zusätzlich höheren Risiken ausgesetzt sind.

Meiner Meinung nach sollte es jedem frei stehen entweder ,in Form eines Auswahlrechts, auf die erforderlichen Informationen zu verzichten oder eine Pflicht zur Absolvierung eines Test über die Eigenschaften und Risiken des Wertpapieres eingeführt werden. Damit würde man die uninformierten Privatanleger gemäß des Zweck der Regulierung schützen ohne dabei die Freiheit der kundigen Verbraucher zu stark zu beschränken.

Des Weiteren muss man sich bei der Umsetzung fragen, ob tatsächlich der Verbraucherschutz bei der Konzeptionierung im Mittelpunkt stand.

Bis zur Nachbesserung am Sankt-Nimmerleins-Tag müssen wir uns mit den Umgehungsmöglichkeiten begnügen und hoffen, dass kommende Regulierungen im Namen des Verbraucherschutzes nicht noch restrektiver ausfallen und unsere Handlungsfreiheit weiter einschränken. Ich persönlich bin dahingehend wenig optimistisch.

In Anbetracht der Umgehungsmöglichkeiten lässt sich abschließend festhalten: Gut gemeint bleibt das Gegenteil von gut gemacht.