I. Was ist die Sharpe-Ratio

Immer wenn über einen Fonds oder einen ETF berichtet wird, sei es auf Twitter, Youtube oder in Blogs dominiert die Performance den Diskurs. X-% seit Auflage oder Y-% Rendite p.a. Es sieht meistens gut aus, es ist einfach zu verstehen, jeder hat direkt ein Bild vor Augen. Doch die erzielte Rendite ist nur eine Seite der Medaille.

Als Anleger muss man nicht nur die möglichen Ertragsaussichten im Blick haben, sondern auch die Risiken im Auge behalten. Chancen und Risiken einer Investition stehen immer im Verhältnis zueinander. Damit man stark unterschiedliche Investitionen miteinander vergleichen kann braucht man einen zuverlässigen Vergleichsmaßstab.

Die Sharpe-Ratio ist die bekannteste Risikokennzahl. Sie setzt die erzielte Rendite mit dem Risiko der Anlage ins Verhältnis. Die Sharpe Ratio ist ein wichtiger Risikomaßstab, der es ermöglicht verschiedene Anlagemöglichkeiten miteinander zu vergleichen.

So hilft die Sharpe-Ratio zu entscheiden, ob beispielsweise eine Unternehmens-Anleihe oder ein Technologie-ETF die bessere Investition ist.

II. Berechnung der Sharpe-Ratio

Um die Sharpe-Ratio berechnen zu können braucht man drei Kennzahlen:

  1. den risikofreien Zins
  2. die Volatilität der Investition
  3. den Ertrag der Investition

Sharpe-Ratio = (Ertrag der Investition – risikofreier Zins)/ Volatilität

III. Bewertung einer Sharpe-Ratio

1. Der Wert der Sharpe-Ratio

Für die Sharpe-Ratio gilt: Je höher, desto besser.

Sharpe-Ratio unter 0:

Wenn die Sharpe-Ratio unter 0 liegt, also negativ ist, war die Investition in jedem Fall schlechter als der risikofreie Zins, wenn die Anlage nicht sogar Verluste gemacht hat.

Sharpe-Ratio nahe 0:

Bei einer Sharpe-Ratio um Null war die erwirtschaftete Rendite abzüglich der Volatilität im Bereich des risikofreien Zins. Hierbei ist zu fragen, ob es sich trotz der geringen risikogewichtete Rendite gelohnt hätte diese Anlage zu halten.

Sharpe-Ratio unter 1:

Eine Sharpe-Ratio von unter 1 weisen die meisten Fonds, ETFs, Aktien und Anleihen auf. Sie erwirtschaften eine Rendite, die nach Abzug des risikofreien Zins niedriger liegt als die historische Volatilität. Ein Unterschied von 0,5 zweier Investmentmöglichkeiten mag nach nicht viel klingen es sind aber Welten im Bereich der Sharpe-Ratio.

Sharpe-Ratio über 1:

Eine Sharpe-Ratio von über 1 erzielen nur ein paar Fonds und ist hervorragend. Kein ETF und keine Anleihe erzielen Werte über 1. Eine Sharpe-Ratio von über 1 zeugt davon, dass der Fonds eine gute Rendite erzielt und dabei das Risiko sehr gut gehandhabt hat.

2. Erhöhung der Sharpe-Ratio

Es gibt zwei Wege wie der Investor die Sharpe-Ratio steigern kann:

1. Er steigert die Rendite mehr als er das eingegangene Risiko erhöht

Die erzielte Rendite zu erhöhen ist simple. Entweder man fängt an seine Investitionen zu hebeln oder man investiert in besonders trendgetriebene Sektoren (Wasserstoff, 3D-Druck, Cybersicherheit).

Diese Herangehensweise funktioniert jedoch nur in Zeiten allgemein steigender Kurse, sobald sich der Wind am Aktienmarkt dreht, verlieren diese Strategien überproportional. In Bärenmärkten verliert dieser Ansatz alles, wenn nicht mehr, was er vorher an Überperformance erwirtschaftet hat.

Der absolute Ertrag mag weiterhin über dem des breiten Marktes liegen, jedoch deckt die Sharpe-Ratio auf, dass dieser zusätzliche Ertrag durch das Eingehen exzessiver Risiken erzielt wurde.

2. Er senkt das eingegangene Risiko mehr als er die erzielte Rendite schmälert

Das eingegangene Risiko zu senken ist ebenfalls einfach. Anstatt eine Investitionsquote von 100% zu haben kann man auch nur die Hälfte oder ein Drittel investieren. In schlechten Zeiten senkt dies deutlich die Volatilität des Portfolios. In Bullenmärkten leidet jedoch die Rendite unter der geringeren Investitionsquote.

Des Weiteren kann die Sharpe-Ratio steigen bzw. fallen indem sich der risikolose Zins ändert. Unternehmensanleihen mit einer Verzinsung von 6% p.a. sind bei Zinsen auf Staatsanleihen von 2% deutlich attraktiver als wenn diese auf 4% steigen würden.

3. Nutzen der Sharpe-Ratio

Man könnte sich nun fragen: „Alles schön und gut, aber warum sollte es mich kümmern wie der Ertrag zustande gekommen ist? Am Ende zählt doch nur was unterm Strick übrig bleibt!“

Zum einen gibt die Sharpe-Ratio Aufschluss darüber wie konstant die Rendite war. Sie ist also ein Indikator dafür wie wiederholbar der Ertrag auch zukünftig erwirtschaftet werden wird. Die Sharpe-Ratio ist auch ein Maßstab der Verlässlichkeit und Nachhaltigkeit der erreichten Performance.

Zum zweiten investieren wir, um einen bestimmten Zweck zu erreichen. Mehr Geld in der Rente, ein großer Urlaub oder der Aufbau von Eigenkapital, um sich in der Zukunft den Traum vom eigenen Haus ermöglichen zu können. All diese Anliegen haben gemein, dass wir den Verkaufszeitpunkt nicht beliebig wählen können (außer ggf. beim Urlaub).

Wenn wir also am Anfang der Rente stehen und anfangen Investitionsgüter zu verkaufen, können wir nicht darauf Rücksicht nehmen, ob wir uns gerade mitten in einem Bärenmarkt befinden. Deswegen sollten wir uns bevor wir investieren Gedanken über den Verlauf, also die Volatilität, der Wertentwicklung machen.

Ein zweifach gehebelter NASDAQ ETF mag auf lange Sicht eine bessere absolute Rendite abwerfen. Es wird aber Zeiten geben in denen diese Investition deutlich unter Wasser liegen wird und dann ist es besser zu dieser Zeit nicht verkaufen zu müssen, was wie gezeigt oft nicht in unserer Macht liegt.

IV. Input-Kennzahlen der Sharpe-Ratio

1. risikofreier Zins

Der risikofreie Zins dient als Ausgangspunkt der Bewertung einer Anlage. Wenn man sich gegen eine Anlage entscheide, die den risikofreien Zins abwirft, sollte die getätigte Investition eine höhere Rendite erzielen. Wenn die Investition nicht einmal besser rentiert als der risikofreie Zins ist eine Investition nicht sinnvoll.

Als risikofreier Zins werden oft zweijährige Staatsanleihen von solventen Staaten herangezogen. Für in Dollar notierte Anlagen entsprechend eine zweijährigen US-Staatsanleihe und für Investitionen mit der Basiswährung in Euro zweijährige Bundesanleihen.

In der Praxis kann man entweder den realen risikofreien Zins des entsprechenden Zeitraums verwenden. In Zeiten in denen dieser jedoch nahe Null bzw. sogar unter Null notierte ist es fraglich ob dies sinnvoll ist. Deswegen wird häufig mit einem risikofreien Zins von 2% gerechnet.

2. Ertrag der Investition

Als Ertrag der Investition wird die annualisierte Rendite (CAGR) der Anlage herangezogen. Dabei macht es keinen Unterschied ob diese positiv oder negativ war. Wichtig ist ebenfalls einen möglichst langen Betrachtungszeitraum zu wählen. Unter anderem aus diesem Grund sollte man Anlagen, insbesondere Fonds, nicht vor drei Jahren bewerten.

Die Sharpe-Ratio gewinnt an Aussagekraft, wenn sowohl ein Bullen- als auch ein Bärenmarkt mit der Strategie/ dem Fonds/ dem ETF betritten wurde. Sonst läuft man Gefahr sich in Bullenmärkten von hervorrangenden Sharpe-Ratios von Technologie-Fonds/ETFs belenden zu lassen und in Bärenmärkten Bond Fonds/ETFs aufgrund der Sharpe-Ratio überzugewichten.

3. Volatilität der Investition

Die Volatilität, in diesem Fall historische Volatilität, also die tatsächliche Schwankungsbreite einer Anlage, wird oft mit dem Risiko dieser Anlage gleichgesetzt. Ob Volatilität tatsächlich der Ausdruck von Risiko ist oder nur in Ermangelung einer besseren Alternative ausgewählt wurde möchte ich dahinstehen lassen.

Die historische Volatilität einer Anlage wird deswegen verwendet, weil sie Aufschluss über die Konstanz der erzielten Rendite aufschluss gibt. Die Gesamtrendite setzt sich aus vielen Teilrenditen zusammen. Je konstanter diese sind, desto weniger volatil war die Anlage und desto wahrscheinlicher ist es, dass die Investition auch in Zukunft konstant rentierlich performen wird. So lautet jedenfalls die Begründung dafür, weshalb man die historische Volatilität mit dem Risiko einer Anlage gleichsetzt.

Die Volatilität der Investitionen ist die Standardabweichung der Renditen. Je nachdem, ob man tägliche, wöchentliche oder monatliche Renditen als Berechnungsgrundlage aussucht, fällt die Volatilität mal höher, mal niedriger aus. Grundsätzlich ist die Standardabweichung bei täglichen Renditen am höchsten. In der Regel werden zur Berechnung der Sharpe-Ratio monatliche Renditen zu Grunde gelegt.

4. Beispiele

Zurück zu unserem Beispiel der Unternehmens-Anleihe und dem Technologie-ETF. Welcher dieser beiden hat nun die bessere Sharpe-Ratio.

risikofreier Zins

Ertrag

Volatilität

Sharpe-Ratio

Unternehmens-Anleihe

2%

6% p.a.

9%

0,44

Technologie-ETF

2%

16% p.a.

37%

0,378

V. Vor- und Nachteile

Der Vorteil der Sharpe-Ratio ist, dass sie es dem Anleger ermöglichen zwei unterschiedliche Anlagen (z.B.: Aktien und Anleihen) miteinander vergleichen zu können. Sie setzt das eingegangene Risiko mit der erhaltenen Rendite ins Verhältnis und ist daher ein guter Vergleichsmaßstab.

Der erste Nachteil der Sharpe-Ratio ist allen Risikokennzahlen immanent und zwar, dass sie es nur ermöglicht vergangene Ereignisse zu bewerten. Dem Anleger nutzt sie daher nur etwas, wenn er gewillt ist die Vergangenheit als Maßstab und Indikation für die Zukunft zu verwenden.

Beispielsweise ist die Sharpe-Ratio des MSCI-World an einem Allzeithoch deutlich besser als nach einem Bärenmarkt. Daran ändert auch ein möglichst langer Betrachtungszeitraum wenig.

Des Weiteren benötigt man für die Sharpe-Ratio Daten aus der Vergangenheit. Eine neue Investmentmöglichkeit, sei es ein neuer Fonds oder ein neuer ETF, lässt sich daher nicht einordnen.

Der gravierendere Nachteil der Sharpe-Ratio liegt darin, dass sie die Volatilität (Standardabweichung) als Risikomaßstab heranzieht. Sie setzt Abweichungen nach oben (Kursanstiege) und Abweichungen nach unten (Kursabstürze) gleich. Jedoch wird der durchschnittliche Investor kein Problem haben mit mal langsam und mal rapide ansteigen Kursen (solange sie ansteigen).

VI. Alternativen

Die Sharpe-Ratio ist nicht die einzige Risikokennzahl. Um das Risiko einer Investition abschließend beurteilen zu können muss man neben der Sharpe-Ratio auch weitere Kennzahlen hinzuziehen. Eine andere Risikokennzahlen, wie die Satino-Ratio oder der Ulcer-Performance-Index haben einige der Schwächen der Sharpe-Ratio nicht. Der maximale Verlust bzw. die Zeit im Verlust betrachten weitere wichtige Kenngrößen einer Investition, die es dem Anleger ermöglichen ein komplettes Bild verschiedener Anlagen zu erhalten.

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