Kann man den Aktienmarkt schlagen?
Ob man den Aktienmarkt schlagen kann ist ein heiß diskutiertes Thema. Viele wissenschaftliche Studien deuten darauf hin, dass es aus vielerlei Gründen unmöglich sei. Dennoch gibt es einige Investoren wie Warren Buffett, James Simons und weniger bekannte Persönlichkeiten, die es nachweislich geschafft haben überdurchschnittliche Renditen zu erwirtschaften. Ist es also möglich den Markt zu schlagen?
Zunächst ist es wichtig zu klären was man darunter versteht „den Aktienmarkt zu schlagen“. Im allgemeinen kann man „den Markt zu schlagen“ wie folgt definieren:
Den Markt schlägt, wer über einen längeren Zeitraum hinweg eine höhere risikogewichtete Rendite erwirtschaftet als der Vergleichsindex.
Zwei praktische Möglichkeiten, den Markt zu schlagen
Um den Markt zu übertreffen, gibt es grundsätzlich zwei praktische Ansätze:
Auswahl von Vermögenswerten, die sich besser entwickeln als der Markt
Die klassische Methode besteht darin, gezielt Aktien oder andere Vermögenswerte auszuwählen, von denen man erwartet, dass sie den breiten Markt outperformen. Dies kann durch gründliche Analyse von Unternehmensbilanzen, zukünftigen Wachstumschancen oder Markttrends erfolgen.
Markttiming
Hierbei geht es darum, zu den richtigen Zeitpunkten am Markt investiert zu sein, sprich: während Phasen steigender Märkte investiert zu bleiben und während Bärenmärkten entweder weniger oder gar nicht investiert zu sein.
Zwei Philosophien, den Markt zu schlagen
Es gibt grundsätzlich zwei Herangehensweisen, den Markt zu schlagen, die jeweils auf eine bestimmte Marktphase abzielen:
Mehr gewinnen als der Markt, wenn der Gesamtmarkt steigt
In dieser Strategie versucht der Investor, in Bullenmärkten, also in Phasen steigender Kurse, eine höhere Rendite zu erzielen als der Markt. Dies kann durch gezielte Übergewichtung von wachstumsstarken Aktien oder spekulativeren Vermögenswerten erreicht werden.
Weniger verlieren als der Markt, wenn der Gesamtmarkt fällt
In Bärenmärkten, also Phasen, in denen die Kurse fallen, ist das Ziel, geringere Verluste als der Markt hinzunehmen. Dies kann durch konservativere Investments, Diversifikation oder Absicherungsstrategien (z.B. Derivate) erreicht werden.
Die Kombination aus beiden
Der Königsweg wäre es, in Bullenmärkten überdurchschnittlich viel zu gewinnen und in Bärenmärkten unterdurchschnittlich wenig zu verlieren. Diese Kombination gelingt jedoch kaum jemandem dauerhaft. Ein Investor, der dies schafft, hätte einen enormen Vorteil gegenüber dem Gesamtmarkt, doch die Herausforderung besteht darin, beides zur richtigen Zeit richtig umzusetzen.
Zwischenfazit
Wer den Markt schlagen möchte, muss (1) anders handeln als der Markt und (2) mit diesen Handlungen richtig liegen. Es ist entscheidend, eine asymmetrische Chancen-Risiko-Verteilung zu erreichen, die entweder mehr Rendite bei gleichem Risiko oder weniger Risiko bei gleicher Rendite ermöglicht. Dies kann durch eine geschickte Auswahl von Wertpapieren, durch optimales Timing oder durch eine Kombination dieser beiden Ansätze geschehen.
Bekannte Investoren, die den Markt geschlagen haben
Es gibt einige berühmte Investoren, die gezeigt haben, dass es möglich ist, den Markt über lange Zeiträume hinweg zu schlagen. Hier sind einige der bekanntesten:
Warren Buffett
Der wohl bekannteste Investor der Welt, Warren Buffett, hat über einen Zeitraum von mehr als 55 Jahren eine durchschnittliche jährliche Überrendite von über 10 % im Vergleich zum S&P 500 erzielt. Sein Investmentstil basiert auf langfristigen Investments in unterbewertete Unternehmen.
Joel Greenblatt
Joel Greenblatt erzielte in einem Zeitraum von 20 Jahren eine durchschnittliche Überrendite von etwa 27 % pro Jahr. Er verfolgte einen wertorientierten Ansatz, der sowohl auf fundamentaler Analyse als auch auf klugem Timing basierte.
George Soros
George Soros, bekannt für seine Makrostrategien und riskante Wetten auf globale Wirtschaftstrends, erzielte eine durchschnittliche Rendite von 17 % pro Jahr über 40 Jahre. Er verstand es, asymmetrische Risiko-Rendite-Chancen zu erkennen und zu nutzen.
Gemeinsames Erfolgsmerkmal
Obwohl jeder dieser Investoren seinen eigenen Investmentstil hat, haben sie eines gemeinsam: Sie alle konnten den Markt schlagen, weil sie eine asymmetrische Risiko-Rendite-Verteilung für sich nutzten. Sie erkannten Gelegenheiten mit einem höheren Gewinnpotenzial bei vergleichsweise geringem Risiko und setzten auf diese erfolgreich.
Eine asymmetrische Chancen-Risiko-Verteilung bedeutet, dass man in seinen Investitionen ein höheres potenzielles Ertragspotenzial hat im Vergleich zum eingegangenen Risiko. Das bedeutet, man sollte auf Gelegenheiten setzen, bei denen die möglichen Gewinne weit höher als die potenziellen Verluste sind.
Was ist der „Markt“?
Wenn wir vom „Markt“ sprechen, meinen wir nicht einen universellen Maßstab, sondern es hängt davon ab, welchen Index oder Markt man als Vergleich heranzieht.
Auswahl des richtigen Vergleichsindex
In dem ersten Schritt muss man den passenden Vergleichsindex herausfiltern. Eine aktive Strategie, die nur aus dem Handel deutscher Aktien besteht muss sich am DAX jedoch nicht am S&P 500 oder dem MSCI World messen lassen.
Bei vielen aktiven Strategien und Fonds ist die Auswahl des passenden Vergleichsindex simple, da sich die Strategie selbst auf eine bestimmte Region oder einen bestimmten Sektor fokussiert. Wenn man hingegen alle möglichen geographischen Regionen und unterschiedliche handelbare Produkte, wie es die meisten privaten Anleger in ihren Depots haben, ist die Wahl eines passenden Vergleichsindex sehr schwierig bis unmöglich.
Das Problem unpassender Benchmarks kann man lösen indem man entweder sich einen eigenen Index anhand der Gewichtung im eigenen Depot zulegt. Beispielsweise kann man einen Index aus 50% S&P 500, 10 % NASDAQ, 25% DAX und 15% Hang Seng konstruieren. Eine weitere Möglichkeit ist es den MSCI World als Vergleichsindex zu wählen, auch wenn man selbst aktives Trading betreibt.
Ermittlung der risikogewichteten Rendite
Nach der Wahl des richtigen Vergleichsindex muss man nun die risikogewichtete Rendite sowohl der Benchmark als auch der aktiven Strategie bestimmen. Die absolute Rendite zumeist in Rendite pro Jahr (CAGR) angegeben ist nicht ausreichend für die Bestimmung, ob man den Markt geschlagen hat.
Die absolute Rendite kann zum Beispiel durch die Anwendung eines Hebels oder das Eingehen allgemein höherer Risiken verfälscht sein. Deswegen muss man die erzielte Rendite immer im Vergleich zum eingegangenen Risiko betrachten.
Allgemein üblich ist die Betrachtung der Sharpe Ratio, der Sortino Ratio, der Capture Ratio Up/ Down oder anderer Portfoliokennzahlen.
Betrachtung über unterschiedliche Marktphasen hinweg
Nach der Bestimmung des richtigen Vergleichsindex und der Ermittlung der risikogewichteten Rendite muss man nun einen entsprechend langen Zeitraum betrachten. Es ist unzweifelhaft, dass es vielen Anlegern gelingt auf die Sicht von einem Jahr oder auch einigen wenigen Jahren den Markt zu schlagen.
Zumeist zeugt dies jedoch nicht von den Fähigkeiten der Anleger, sondern nur von einem glücklichen Handlichen und dem erwischen einer für ihre aktive Strategie günstigen Marktphase.
Da der Aktienmarkt zyklisch ist, was man z.B. an der Unterteilung in Bären- und Bullenmärkte sehen kann, und die Performance einzelner aktiver Strategien stark vom aktuellen Marktumfeld abhängt ist es von Nöten lange Zeiträume zu betrachten.
Warren Buffet und co. sind nicht deswegen legendäre Investoren, weil sie mal ein erfolgreiches Jahr hatten oder zur richtigen Zeit auf den richtigen Trend gesetzt haben, sondern weil sie über viele Jahrzehnte und unterschiedliche Marktphasen den Markt geschlagen haben.
In der nachfolgenden Graphik sieht man die Überrendite der legendären Investoren gegenüber dem S&P 500 über die Dauer ihrer Investmentkarriere.
Fazit
Den Markt zu schlagen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die nur wenigen Investoren dauerhaft gelingt. Es gibt zwei grundlegende Wege, den Markt zu übertreffen: durch eine gezielte Auswahl besser performender Vermögenswerte oder durch Markttiming.
Erfolgreiche Investoren wie Warren Buffett, Joel Greenblatt und George Soros haben bewiesen, dass es möglich ist, durch eine asymmetrische Chancen-Risiko-Verteilung den Markt zu schlagen. Diese Herausforderung besteht jedoch darin, sowohl in Phasen steigender als auch fallender Märkte die richtigen Entscheidungen zu treffen – ein Ziel, das nur den allerwenigsten Investoren dauerhaft gelingt.
Wer den Markt schlagen möchte, muss einerseits anders handeln als der Markt und andererseits mit diesen Handlungen richtig liegen.